Im Rahmen der Begleitforschung des Gesamtvorhabens werden an den Fachdidaktiken drei Promotionsvorhaben angesiedelt. Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Qualifizierung fokussieren sie auf Themen der Wirkungsforschung innovativer Lehr-Lernformate, um den Nutzen hinsichtlich des Lernerfolgs von Lehramtsstudierenden sowie in der Lehre verwendeter Methoden und Anwendungen wissenschaftlich zu belegen.
Auf Grundlage der Ergebnisse der aus dem Projekt heraus positiv erprobten, evaluierten und evidenzbasierten Innovationen der Lehr-Lern-Settings wird es möglich sein, digitalisierte Lehr-Lernszenarien dauerhaft in den Curricula der Fächer zu verankern.
Ergebnisse einer weiteren qualitativen Online-Umfrage
Im Rahmen der AG “Digitale Teilhabe in der Lehrer*innenbildung” wurden Studierende und Mitarbeitende der MLU nach wahrgenommenen und erlebten Hürden und Erschwernissen im Uni-Alltag befragt. Auch wollte man wissen, welche Lösungsvorschläge und Ideen es gibt, die MLU barriereärmer und gerechter zu gestalten.
Von Januar bis September 2023 war dafür ein Online-Fragebogen auf der ILIAS-Lernplattform verfügbar, in dem Student*innen und Lehrende freiwillig und anonym fünf offene Fragen beantworten und ihre Belange und Ideen berichten konnten. Nun präsentieren wir die Ergebnisse.
Sowohl Studierende als auch Mitarbeitende der Martin-Luther-Universität (MLU) haben mit sehr vielfältigen Erschwernissen zu tun, wenn sie am Studium und am Arbeitsleben erfolgreich und zufrieden teilhaben möchten. Doch was sind das für Barrieren und schwierige Situationen? Was macht das Lernen, Lehren und Arbeiten an der MLU schwierig – und vor allem, was könnte es erleichtern? Welche Vorschläge und Ideen haben Studierende, Lehrende und andere Mitarbeitende, am Uni-Alltag besser teilzuhaben? Wir haben dazu sehr interessante und ernstzunehmende Ergebnisse aus einer weiteren (zweiten) Umfrage, die Ende September 2023 abgeschlossen wurde.
Möglichst alle Akteur*innen sollten gleichberechtigt und ohne Erschwernisse am Studieren und Lernen, aber auch am Lehren und Forschen teilhaben. Das ist eine Herausforderung, bei der die Hochschulpolitik an ihre Grenzen kommt. Dennoch sind Bildungseinrichtungen verpflichtet, Bildung für alle zugänglich(er) und möglichst barrierearm zu gestalten. Wir wissen, dass bei den Studierenden und Beschäftigten der Universität in Halle viele Erschwernisse und besondere Situationen existieren (schon aus eigener Erfahrung), und wir wissen auch, dass sie sehr vielfältig, meistens versteckt sind und unbemerkt bleiben.
Immer häufiger wurden Anfragen an uns als AG und Projektmitarbeitende herangetragen, wie man mittels digitaler Möglichkeiten in bestimmten Situationen für mehr Teilhabe in der Lehre sorgen kann. Wir hatten häufig keine zufriedenstellenden Antworten parat, wir kannten die konkreten Schwierigkeiten und Hürden nicht, deren Art und Umfang war uns unbekannt. Die Betroffenen selbst müssten diese Antworten liefern, sollten eine (anonyme) Stimme bekommen, um von erlebten Schwierigkeiten zu berichten. Dann kann nämlich gemeinsam nach Lösungen gesucht und können verschiedene Möglichkeiten und Alternativen diskutiert werden.
Aus diesem Grund hat die AG Digitale Teilhabe in der Lehrer*innenbildung zwei Online-Umfragen initiiert, die sich zunächst an sämtliche Lehramtsstudierende richtete und dann an alle Akteur*innen der Martin-Luther-Universität. Aufgrund der unterschiedlichen Zugänge und Erreichbarkeiten dieser Zielgruppen wurden zwei Umfragen durchgeführt: eine für Lehramtsstudierende und eine für alle weiteren Studierenden und Mitarbeitenden der MLU. Ziel war und ist es, alltägliche Barrieren und Erschwernisse für diese Zielgruppen herauszufinden. Es sollten zudem deren Perspektive und hier insbesondere deren Lösungsvorschläge und Ideen eruiert werden, wie Hürden aus ihrer Sicht und auch der Betroffenen generell minimiert werden könnten.
Ablauf der Umfrage
Während der Zugang zu den Lehramtsstudierenden (vgl. erste Umfrage) relativ einfach war (nämlich über den E-Mail-Verteiler des Zentrums für Lehrer*innenbildung), war es schwieriger für die AG, alle anderen Studierenden und Mitarbeitenden der MLU zu erreichen. Fast alle der MLU-Beschäftigten haben einen Stud.IP- und einen ILIAS-Zugang; darum lag es nahe, genau diese Plattformen der Universität zu nutzen.
In dem freien Online-Selbstlernkurs “Barrierearmut in der digitalen Lehre wurde Anfang 2023 ein Fragebogen mit fünf Fragen sowie Erklärungen abgelegt. Über Stud.IP, die gängige internetbasierte Arbeitsumgebung für Lehrveranstaltungen und Studienangelegenheiten, wurde mittels eines Banners dazu eingeladen, an der Befragung teilzunehmen und sich zu wahrgenommenen Einschränkungen, Barrieren und Teilhabemöglichkeiten im Uni-Alltag zu äußern.
Im Januar 2023 wurde die Online-Umfrage aktiviert und bis Ende September 2023 konnten alle interessierten Studierenden und Mitarbeitenden der MLU die fünf offenen Fragen beantworten und von ihren Erschwernissen und Lösungsideen berichten. Mittels Rund-E-Mails , einem Poster, Mundpropaganda und über soziale Medien des DikoLa-Projektes wurde über diese Möglichkeit informiert. Ganz sicher wurden sehr viele potenzielle Teilnehmende nicht erreicht. Der Befragungszeitraum wurde mehrmals verlängert und musste schließlich aufgrund des nahenden Projektendes (Dezember 2023) auf Ende September 2023 begrenzt werden.
Insgesamt haben innerhalb dieser neun Monate 228 Personen den Weg zum Fragebogen gefunden und auf die Online-Umfrage geklickt; im Durchschnitt haben 50 von ihnen die fünf Fragen vollständig beantwortet. Wer diese Personen sind, aus welchem Fachbereich sie kommen, bleibt im Dunkeln. Lediglich in einzelnen Fällen lässt sich vermuten, dass es ein*e Student*in ist.
An dieser Stelle bedanken wir uns für die zahlreichen Teilnahmen an der Online-Umfrage und für die ehrlichen und teils sehr ausführlichen Antworten!
Wichtiger Hinweis: Wie bei der ersten Online-Umfrage auch, ist es nicht möglich (und auch nicht sinnvoll), Schlüsse über das Ausmaß vorhandener Barrieren zu ziehen. Vielmehr werden die Art und die Vielfalt der wahrgenommenen Einschränkungen im Uni-Alltag der Befragten deutlich. Zudem können wir keine Aussagen über die schweigende Mehrheit treffen. Es gibt viele Gründe, weshalb Mitarbeitende und Studierende nicht teilgenommen haben: Weil es aus ihrer Sicht keine Einschränkungen gibt? Weil sie nichts von der Umfrage wussten? Weil sie die Lernplattform ILIAS ablehnen oder keinen Zugang haben? Weil die Zeit fehlte oder die Lust? Worin wir uns aber sicher sein können: Es gibt sehr viele unbemerkte Barrieren und versteckte Betroffene, deren Stimme wir nicht hören.
Fünf offene Fragen. Vielfältige Antworten und Perspektiven.
Fünf offene Fragen sollten beantwortet werden, die auf die wahrgenommenen Erschwernisse und Barrieren abzielen sowie auf Lösungsvorschläge und Empfehlungen, wie man eine gerechtere Teilhabe in der Lehre und im Hochschulalltag erreichen, erlebte Hürden minimieren und mit ihnen umgehen kann. (Im Vergleich zur ersten Umfrage haben wir die sechste Frage, ob und inwieweit das Studieren und Arbeiten an der MLU in Halle aus Sicht der Teilnehmenden zu empfehlen ist, weglassen müssen.)
Was bei den unterschiedlichen Antworten auffällt, sind die verschiedenen Perspektiven der Befragten und deren Bedeutungen: Während mutmaßliche Studierende auffallend häufig psychische Belastungen äußern, nennen andere Befragte körperliche Beschwerden. Auch werden hier und da eine (nicht selten politische) “Haltung” und eine große Aufregung und ein großer Frust deutlich.
Die Antworten sind insgesamt sehr miteinander verwoben: In einem Fall musste die befragte Person beispielsweise in der Corona-Zeit aus finanziellen Gründen zurück zu den Eltern ziehen, musste folglich nach Halle zur Universität pendeln, konnte an vielen Veranstaltungen nur schwer teilnehmen. Sehr häufig werden die Fragen aber auch unklar beantwortet (z. B. lautete ein Lösungsvorschlag “der Wille”) bzw. es gab auf eine Frage eine Antwort, die bei anderen Fragen relevant(er) gewesen wäre. Häufig war eine eindeutige Zuordnung zu Kategorien im Analyseverfahren sehr schwer bis gar nicht möglich. Und dennoch lässt sich eine Tendenz ausmachen: Digitale Technik ermöglicht Teilnahme und Teilhabe, die Bedingungen dafür sind zum einen der Zugang zur Technik, die Kompetenz, damit umzugehen und vor allem die Einstellung aller Beteiligten.
Im Folgenden sind die Antworten – geordnet nach den fünf Themenfeldern – genauer erläutert.
Situationen und Umstände, die das Arbeiten und Studieren eingeschränkt haben oder in denen es schwer fiel, an der Lehre und im Uni-Alltag angemessen teilzunehmen
Die von den Teilnehmenden genannten Erschwernisse und Situationen beziehen sich größtenteils auf die (erschwerte) Teilnahme an Lehrveranstaltungen. Häufig geht es um die Lehr-Lern-Situation bzw. um die Infrastruktur an der Universität. Dazu zählen vor allem die starren Lernformate, organisatorische (z. B. zeitliche und örtliche) Rahmenbedingungen, die unzureichende technische Ausstattung, die mangelnde Transparenz sowie fehlende Informationen, was das Studieren, das Arbeiten, genaue Abläufe, Zuständigkeiten etc. angeht. Dabei lassen sich die wahrgenommenen Einschränkungen in vier Themenfelder (Kategorien) einordnen:
in Einschränkungen, die die Akteur*innen selbst betreffen (z. B. psychische Belastungen, Familie, finanzielle Rahmenbedingungen),
die Lehr-/Lernsituation an der Universität (z. B. Präsenzpflicht, zeitliche Überschneidungen, didaktische Kompetenzen der Lehrenden, unklare Zuständigkeiten),
die Vorgaben der Universität (Studier- und Arbeitsbedingungen) sowie
Umweltbedingungen (Pendelwege, ÖPNV etc.).
Hier ein Einblick in die Äußerungen der Befragten:
Es gibt Einschränkungen, leider ja. Ich habe ein kleines Kind, welches noch nicht in den Kindergarten geht. Es ist also schwierig für mich, das Studium und das Kind unter einen Hut zu bekommen. Es ist nicht immer möglich, eine Betreuungsperson zu finden. Daher wäre es wirklich sehr sehr praktisch, wenn Vorlesungen und vielleicht auch Seminare online möglich wären.
Ja. Die Termine, Besprechungen oder auch interessante Ringvorlesungen am späten Nachmittag oder am Abend sind mit dem Familienalltag oft nicht zu vereinbaren. Es ist schade, dass viele nicht teilnehmen können, dass deren Stimme nicht gehört wird, UND dass die Materialien und Infos nicht zugänglich gemacht werden.
Vor allem im Winter ist man häufiger krank und möchte oder sollte in der heutigen Zeit zu Hause sein. Aber Vorlesungen nachzuholen, das ist meist deutlich viel zeitaufwendiger als sie selbst zu erleben. Auch als Person mit mittel-schwerer Depression habe ich durch Medikation und weitere Umstände immer wieder Probleme, alle Vorlesungen regelmäßig zu besuchen. Gerade in diesem Punkt waren Opencast und Aufzeichnungen eine wahre Rettung!
Es geht mir aufgrund von Migräne immer mal schlecht. Allerdings haben viele Dozenten Anwesenheitspflicht und man darf nur einmal durch Krankheit fehlen. Darum muss ich häufig mit starken Medikamenten und Schmerzen hingehen, oder aber ich bekomme Ärger im Seminar, weil ich nicht da war. Auch bei Depressionen fällt es schwer, teilzunehmen. Für psychische Probleme gibt es keine Alternativen oder Online-Teilhabe.
Weil ich psychische Beschwerden hatte, konnte ich Semesterleistungen nicht abschliessen. Und ich konnte auch keine Vorlesungen besuchen. Das Verlegen der Inhalte in digitale Umgebungen (Webex etc.) hat da auch nicht geholfen. – Allgemein sind die Uni-Websites und Uni-Plattformen größtenteils unübersichtlich gestaltet und bringen selbst mich ins Schwitzen. […] Wie sich das dann bei solchen verhält, die weniger oder deutlich weniger Ahnung von der Technik haben, das möchte ich mir kaum ausmalen. Ebenso erlebe ich Dozierende regelmäßig als eindeutig nicht-medienkompetent. Teilweise halten sie sogar stur dagegen. Wie kann es denn sein, dass Dozent*innen nicht im Rahmen ihrer Lehre verschiedene Weiterbildungen abschließen müssen? Die gleiche Frage stellt sich in Bezug auf pädagogisches und didaktisches Vorgehen? Hier herrscht ganz dringender Aufholbedarf im Uni-Kontext – sowohl in Anwesenheit, wie auch in digitalen Umgebungen.
Die größten Stolpersteine und Hürden, aktiv und erfolgreich an der Lehre teilzuhaben
Bei der zweiten Frage, bei der nach den größten Stolpersteinen und Problemen gefragt wurde, wurden auffallend häufig Lösungsvorschläge genannt (vgl. Frage 4): Der Großteil der Befragten wünscht sich mehr flexible und digitale Lösungen, mehr hybride Formate und mehr Aufzeichnungen von Vorlesungen. Das Ziel ist eine verbesserte Teilnahme am Lernen und Lehren. Zudem werden mehr Transparenz und Informationen, z. B. mittels Einführungsveranstaltungen gefordert. Auch werden mehr Meinungsumfragen und Feedbackmöglichkeiten verlangt.
Die Antworten decken sich – wie vermutet – mit denen auf die erste Frage. Hier sind die Äußerungen der Befragten in folgende Themenfelder zuzuordnen:
in Einschränkungen, die die Akteure*innen selbst betreffen (z. B. soziale/familiäre Bedingungen, ökonomische Belastungen, psychische Belastungen, eigene Motivation),
die Lehr-/Lernsituation an der Universität (z. B. starrer Stundenplan, Überschneidungen, fehlender Austausch, unflexible Prüfungsformate) und
die Vorgaben der Universität (Studier- und Arbeitsbedingungen, Finanzlage, Entscheidungsträger).
Unter dem kommunikativen Aspekt im Uni-Alltag werden häufig Schwierigkeiten gesehen: zwischenmenschlich und bei der Information über Termine, Fristen sowie Ansprechpartner*innen und Zuständigkeiten. Auch seien häufig Abläufe und Organisationsfragen unklar bzw. nicht verständlich. Unübersichtlich gestaltete oder nicht aktuell gehaltene Webauftritte tragen ihren Teil dazu bei.
Neben den allgemeineren Erschwernissen und Stolpersteinen wurde mehrmals konkret das Fehlen von (ausreichenden) Ansprechpartner*innen in der Beratungsstelle für Inklusion genannt sowie mehr Informationen zum Nachteilsausgleich. Zudem wurde häufiger gefordert, dass es mehr Möglichkeiten geben sollte, selbst aktiv zu werden, sich zu äußern und gehört zu werden; man wünsche sich mehr Interaktion, mehr Feedbackmöglichkeiten und mehr Meinungsumfragen.
Einige der Antworten sind hier lesbar:
Fehlende Flexibilität, Fehlen der digitalen Veranstaltungen, Klärung von Zuständigkeiten bei auftauchenden Problemen und ganz wichtig: der fehlende Ansprechpartner bei der Beratungsstelle für Inklusion
Na, dass die Uni vollkommen auf Präsenz-Lehre setzt, dass die Prüfungsformate viel zu starr sind und dass nicht genügend auf Nachteilsausgleiche hingewiesen wird…
Fehlende Rückzugsräume. Zu wenig Information über Nachteilsausgleiche. Und zu wenige Ansprechpartner*innen. – Keine Flexibilität in den Prüfungsformen.
Flexibilität ist meiner Meinung nach ein wichtiger Aspekt. Flexibilität im Onlinebereich – Opencast zum Beispiel – ist etwas, was eine Entwicklung in den letzten Jahren ist und die definitiv weiter genutzt werden sollte. […] Ich finde es wichtig, dass man aufeinander zugeht und nicht gegeneinander arbeitet, weil man der Überzeugung ist, dass man die Studierenden in einen Hörsaal pressen muss. Ich selber bin gerne im Hörsaal und in Präsenz, aber für den Fall der Fälle sind die digitalen Ressourcen ein wahrer Schatz!
Zu wenige Online-Angebote. In jedem Modul sollte man mindestens eine Veranstaltung (auch Seminare!) online belegen können. Dann kann man flexibler sein: Nebenjob, Familie, psychische Probleme… Vorlesungen generell aufzeichnen, um sich Wege und Zeit zu sparen. – Generell sollte das Lernen sehr viel flexibler und nicht starr an Zeiten und Präsenz gebunden sein. Ich würde mir individuellere Gestaltungsmöglichkeiten wünschen, z. B. mehr Freiheit in der Organisation. Skripte, Aufzeichnungen zur Verfügung stellen. Keine Präsenzpflicht. Die Möglichkeit, Inhalte selbst zu erarbeiten und bei Bedarf, aber die Möglichkeit haben, in das Seminar vor Ort zu gehen. Das Seminar sollte aber nicht einzige Quelle sein, um an die Inhalte zu gelangen!
Empfehlenswerte unterstützende digitale Möglichkeiten (Tools oder Systeme)
Auf die Frage nach empfehlenswerten unterstützenden Möglichkeiten haben lediglich fünf von den über 40 Befragten kein Wissen bzw. keine Erfahrungen dazu. Die Bandbreite ihrer Empfehlungen reicht von digitalen Anwendungen über Screenreader, Untertitelung, Opencast zu Onlineplattformen wie ILIAS. Zum einen werden hier Zustände bemängelt (z. B. die Qualität der verfügbaren PDFs, Nutzereinstellungen öffentlicher PCs), zum anderen werden Forderungen geäußert (Lehrveranstaltung online stattfinden lassen, Aufzeichnungen und Lehrmaterialien verfügbar machen, Uni-Portale aktualisieren und erweitern, Online-Ressourcen nutzen etc.).
Was empfohlene digitale Anwendungen angeht, betreffen diese vor allem
Organisation (Termine, Abstimmungen, Aufgabenplanung) sowie
Interaktion (Abfragetools, Umfragen) und Kollaboration (z. B. gemeinsame Textarbeit).
Die Vorschläge sind insgesamt weitreichend.
Ja, ich empfehle Untertitelung von Videos – und mehr Audios. Dann: Organisations-Tools und Padlets für Gedanken-Sammlungen. Eine Terminübersicht mit Filter wäre schön: fachspezifisch und fachunspezifisch. Für Uni-Termine, Veranstaltungen, Demos, Ringvorlesungen und so.
Gestaltungsmöglichkeiten für eine barrierearme Lehre und ein zugängliches Lernen (generell)
Die Frage nach der Gestaltung zugänglichen Lehrens und Lernens verweist auf die Rahmenbedingungen und Vorgaben der Universität. Hier geht es vornehmlich um den Wunsch nach digitalen und vielfältigeren Formaten (inkl. Prüfungsformen), um Aufzeichnungen und verfügbare Materialien für bessere Teilhabe und besseren Zugang. Die Befragten fordern zudem, dass die didaktischen, digitalen und sozialen Kompetenzen Lehrender gefördert werden sollten; dies betrifft z. B. mehr Offenheit, bessere Kommunikationsfähigkeiten und mehr Medienkompetenz. Häufig wird das Bedürfnis geäußert, mehr Teilhabe für alle anzustreben und Lehre individueller und flexibler zu gestalten. Dabei sei es wichtig, generell eine offene Haltung zu zeigen.
Die Vielfalt der Vorschläge wird bereits durch einige wenige Aussagen deutlich.
Weiterhin mehr Möglichkeiten schaffen, auch hybrid an Seminaren teilzunehmen. Und hier Möglichkeiten schaffen, auch AKTIV teilnehmen zu können – und nicht nur per Videocall an einem Rechner ohne die Möglichkeit, Fragen zu stellen etc. Reizarme Rückzugsmöglichkeiten schaffen, das wäre gut. Und allgemein: Mehr Transparenz und Flexibilität!!
Die Campus-Standorte sollten für körperlich eingeschränkte Personen schneller zugänglich sein […] Alle Vorlesungen sollten aufgezeichnet werden. Die Möglichkeiten zum Mitschreiben, während der Vorlesungen. Es sollte mindestens einen ausklappbaren Tisch geben, nicht nur einen Stuhl. – Erklärungen für Fachbegriffe sollten in einfacher Sprache verfügbar sein.
Mehr Offenheit und ein „Ohr“ für besondere Situationen, z. B. für Familie/Kinder. Etwas mehr Flexibilität, was Termine und Online-Möglichkeiten angeht.
Raum für Fragen und vor allem auch für den Diskurs an der Universität lassen, bei Prüfungen offen für alternative Prüfungsformen sein. Nicht immer nur (E-)Klausuren etc.. Und: Edutainment.
Verbesserungsvorschläge und Angebote im eigenen Fachbereich bezüglich Barrierearmut und Teilhabe
Was sich durch alle Fragen hindurchzieht und auch in der fünften. Frage festzustellen ist,ist der Wunsch nach (neben Präsenzveranstaltungen) mehr digitalen, online stattfindenden und hybriden Lehrformaten. Auch hier wird gefordert, mehr Aufzeichnungen und flexiblere Prüfungsformen anzubieten. Flexibilität, ein offenes Mindset und individuelle Anpassungsmöglichkeiten sind häufige Wünsche.
Bei den Antworten auf diese Frage gab es zum Teil sehr unklare und nicht zuordbare Antworten, z. B. “Zeit geben und Zeit lassen”, “der Wille” oder “Zugang zu Hörsälen”. Was konkret ist gemeint, welche Zeit, wer ist verantwortlich, wie soll es genau aussehen? Konkreter sind dagegen die Vorschläge und Wünsche bezüglich zusätzlicher Lehrangebote (z. B. Kommunikation mit Eltern, rechtliche Rahmenbedingungen) und Lehrpraxis (z. B. mehr den Gruppenchat einbeziehen).
Die Befragten sehen für mehr Teilhabe am Uni-Alltag, bessere Kontakt- und Austauschmöglichkeiten, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrende sowie allgemeine Gleichberechtigung.
Hier ein Einblick in die Antworten der Befragten:
In meinem Fall: Online-Veranstaltungen überhaupt anbieten und Lehrende, die sich nicht dagegen wehren! Vielen älteren Lehrenden müssten digitale Kompetenzen näher gebracht werden: Workshops von Uni aus, Weiterbildungen etc. Dann mehr Flexibilität UND zum Lernen anregen, statt mit Angst, Hierarchien und Machtausspielungen Druck ausüben.
Die Vorlesungen müssten digital zur Verfügung stehen, um sie an anderen Tagen nachzuarbeiten. Im Labor sind allgemein die Barrieren sehr hoch; es müsste öfter Sitzmöglichkeiten geben, was aber teilweise nicht mit dem Laborschutz passt. Und Krankheit während der Laborpraktika sorgt dafür, dass man eigentlich alles wiederholen muss und zwar nicht ein paar Wochen später, sondern z. T. ein ganzes Jahr später!
Mehr Offenheit für das Thema. Einsicht und Respekt gegenüber betroffenen Personen. Ein echtes Kümmern bzw. Alternativen anbieten. Nicht immer gibt es eine sofortige Lösung, aber die Einsicht dazu wäre schon hilfreich. Ein Raum/Ort mit anderen Betroffenen und die Möglichkeit, sich auszutauschen wäre auch schön.
Die ausführlichen Ergebnisse (inkl. Kategorien, Subkategorien und Häufigkeiten) sind in dieser Präsentation ausgeführt: Umfrage-Ergebnisse_11.2023 (PDF-Datei).
Impulse und Handlungsempfehlungen
Es können verschiedene Impulse und Handlungsempfehlungen aus den Antworten der befragten Studierenden und Mitarbeitenden der MLU definiert werden. Die vielen Ideen, Gedanken und Lösungsvorschläge betreffen ein zeitgemäßes, gleichberechtigtes und möglichst chancengleiches Studieren und Arbeiten an der MLU.
Sich aus den Ergebnissen ergebende Handlungsempfehlungen sind u. a.
eine offene Haltung und “offenes Ohr” gegenüber schwierigen Situationen und (unsichtbaren) Erschwernissen einnehmen
mehr digitale Elemente und Möglichkeiten nutzen und anbieten
Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote für Lehrende anbieten, z. T. verpflichtend
Lehr- und Lernmaterial (digital) verfügbar machen, zumindest temporär
Aufzeichnungen nutzen und (temporär) zur Verfügung stellen
bei sämtlichen Materialien auf Lesbarkeit und Zugänglichkeit achten
Webauftritte übersichtlich und aktuell halten, insbesondere Termine und Fristen pflegen und leicht auffindbar machen
Feedbackmöglichkeiten anbieten, Akteur*innen einbeziehen und mitgestalten lassen
Ansprechpersonen sowie Kontaktmöglichkeiten online, an Aushängen und z. B. in Seminaren konkret benennen
Ziel dieser ersten Handlungsempfehlungen soll es sein, genauso wie bei der Umfrage mit Lehramststudierenden auch (vgl. erste Umfrage) die Heterogenität und Vielfalt sichtbarer zu machen, dies generell zu berücksichtigen und den offenen Blick dafür zu stärken. Eine barrierearme Gestaltung der (digitalen) Lehre, der Organisation des Studiums und des Alltags an der Universität kommt allen Akteur*innen zugute.
Um das Thema “Teilhabe und Barrierearmut“ in der Lehrer*innenausbildung und an der Martin-Luther-Universität voranzubringen, wurden in der Projekt-Laufzeit von DikoLa im Rahmen der AG-Arbeit OER-Materialien erstellt und verfügbar gemacht und Praxis-Werkstätten im Digitalen Lernlabor (DLL) vor Ort sowie Schulungen für Lehrende und Workshops für LA-Studierende angeboten. Zudem wurden unterschiedliche Informationskanäle an der MLU genutzt, um digitale Teilhabe und Barrierearmut zum Thema zu machen. Die Umfrage-Ergebnisse sowie Erkenntnisse dazu wurden in unterschiedliche Einrichtungen der MLU getragen und an verschiedene Akteur*innen gestreut. Was weiterhin mit den Ergebnissen und den Empfehlungen passiert, bleibt zunächst offen. Es sollen Gespräche stattfinden (Stand: November 2023).
Aussagen der Befragten zum Anhören
Wir haben einige der Antworten aus der Online-Umfrage von Mitarbeitenden aus dem DikoLa-Projekt einsprechen lassen, so dass die Situationen, Sorgen, Fragen und Gedanken der Befragten hörbar und somit sehr viel greifbarer werden.
Zu jeder der fünf gestellten Fragen haben wir mehrere Stimmen in einem Audio zusammengefügt; im Folgenden ist also zu jeder Frage eine Audio-Datei hörbar; die Laufzeit des Audios steht in Klammern dahinter.
Frage 1: Gab es bereits Situationen, in denen Sie im Hochschulalltag und in der Lehre eingeschränkt waren und es Ihnen schwer fiel, an Lehrveranstaltungen oder anderen Aktivitäten angemessen teilzunehmen? Wenn ja, welche? Inwiefern?
Frage 2: Wo sehen Sie die größten Stolpersteine und Hürden für Lehrende und Studierende sowie andere Beschäftigte an der MLU, aktiv und erfolgreich am Lehren, Lernen und Forschen an der MLU teilzuhaben und zu arbeiten?
Frage 3: Welche unterstützenden Software-Programme, Tools und/oder Systeme können Sie in Bezug auf ein sinnvolles, barriereärmeres und adäquates Lehren und Lernen empfehlen? Inwiefern?
Die Perspektivtagung 2023 des BMBF-Projekts DikoLa – Digital kompetent im Lehramt bot nicht nur die Gelegenheit, ein Resümee nach vier Jahren Projektarbeit zu ziehen, sondern vor allem einen Blick nach vorn zu wagen: Im Rahmen der Tagung wurden wichtige Erkenntnisse und Perspektive zum Lernen mit, über und durch KI präsentiert. Darüber hinaus wurde in partizipativen Formaten wie einem Barcamp und einer Praxiswerkstatt, der Fokus darauf gelegt, wie innovative digitale Anwendungen das Lernen an Schulen und Hochschulen im Bereich des Lehramts bereichern können.